115 Pfarreien organisieren trotz Corona-Einschränkungen 60 Hilfstransporte und kämpfen gegen dramatische Verarmung
Chiemgau/Rupertiwinkl. Die Balkanhilfe „Junge Leute helfen“, ein Netzwerk von kirchlichen Gruppen aus 115 Pfarreien zwischen Inn und Salzach, hat in 2020 einen Rekorderlös von über 450.000 € gesammelt. Enorm sind auch die über 22.000 Hilfspakete, welche von der Bevölkerung gespendet wurden. Diese wurden mit über 850 Paletten Lebensmittel mit 60 Sattelzügen trotz Pandemie in die Krisenregionen der Länder Kosovo, Albanien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Kroatien sicher überbracht. Dort verfallen immer mehr Menschen in bittere Armut.
Auf den Balkan haben harte Lookdowns wie Brandbeschleuniger schnell große Arbeitslosigkeit, Armut und bittereren Hunger infolge schwacher Sozialsysteme verursacht. Pfarrer Mirco Simic von der Caritas Sarajevo berichtet, dass „Menschen nun Ihre Habseligkeiten verkauften, um Essen besorgen zu können. Viele sind Tagelöhner mit seltenen Aufträgen geworden.“ Besonders hart habe es aber alle alten Menschen getroffen, die vereinsamen und deren magere Renten oft nur für die Betriebskosten und Medikamente reichen. Die Spenden sind gerade hier bitter notwendig. Noch nie haben die geschätzt 1.000 Weihnachtspakete, welche von Chiemgauer Familien liebevoll mit Lebensmitteln gepackt und in Städten wie Sarajevo, Kiseljak, Fojnica, Derventa und Bosanski Bord geschickt wurden, „so große Freude ausgelöst“.
Bis zu 12 Stunden fährt der 7,5-Tonner der Missionsstation in Fush Arrez unter Leitung der seit 30 Jahren dort tätigen deutschen Ordensschwester Gratias Ruf auf schwierigsten Bergstraßen in entlegene Dörfer wie Berisha. Hier warten die Menschen oft mit Eseln auf die familiengerecht vorbereiteten Gaben. Von immer länger werdenden Schlangen an Bedürftigen berichten auch die Armenküchen der Caritas in Zagreb, Sarajevo und Pristina. Aber auch die Jugend und Studenten leiden enorm an dem Verlust von Jobs in Gastronomie und Tourismus, womit viele ihre Ausbildung finanzieren müssen. Froh sind alle Beschenkten auch darüber, dass trotz Pandemie nie die Welle an Hilfe nachgelassen habe.
Ermöglicht wurde dieser Erfolg durch hunderte von Helfern aus verschiedensten katholischen Gruppen wie Landjugend, Katholischen Frauengemeinschaften und Frauenbund, Kolpingfamilien, KAB, KJG, Burschenvereinen, Ministranten, Pfadfindern, Jugend 2000, Landvolk sowie den Pfarrgemeinderäten aus 115 Pfarreien. Viel ehrenamtliches Engagement Jugendlicher und „Junggebliebener“ war dazu notwendig. Als Engel erwies sich in Zeiten von Abstandhalten und Kontaktlosigkeit, dass die Lagerei und Nutzfahrzeughandel Bernd Irlbacher aus Emertsham seine ehemalige BayWa-Halle in Obing mit über 1.200 m2 Lagerfläche mit Lieferrampe für dutzende Lastwägen kostenlos zur Verfügung gestellt hat und so die alte Salzhalle in Kienberg entlastete, wo Einzelspender kontaktlos ihre Hilfsgüter abgeben konnten. So wurde eine ruhige Einlagerung von 15.000 Bananenkisten auf Paletten mit Staplern ermöglicht. Von hier starten nach wie vor die wöchentlichen Hilfstransporte. Auf dem Zentralkonto und durch die Sparschweine an den Paketannahmestellen gingen geschätzt über 6.000 Einzelspenden ein.
Viele Einzelaktionen der Vergangenheit wie Klopfersingen, Adventsmärkte, Nikoläuse, oder Punschverkauf waren dieses Mal leider nicht möglich. Auch an Schulen und Kindergärten gab es keine nennenswerten Aktivitäten. Mit der „Aktion Kilo“ warben Mädchengruppen aber vor 5 Supermärkten um Lebensmittelspenden und erfreuten sich über liebevoll gefüllte Pakete. Auch die EDEKA-Märkte Scherer warben in Ihren Märkten und deren Kunden gaben großzügig und die Firmeninhaber erhöhten noch dieses Engagement. Insgesamt wurden über 1.000 Lebensmittelpakete gepackt, welche besonders begehrt sind, da diese Weihnachten in viele arme Häuser brachten.
60 Hilfstransporte überbrachten 800 Tonnen Hilfsgüter oder geschätzte 1 Millionen Mahlzeiten, die insbesondere in 3 Armenküchen in Zagreb, Sarajevo und Pristina mit über 1.000 Bedürftigen täglich verteilt werden. Regelmäßig erfolgt durch 7 Caritaszentralen in den 5 Ländern und deren weitverzweigtem Netz an Pfarr-Caritasstellen die Verteilung von Lebensmittel an bedürftige Familien. In Krankenhäusern, Alten- und Waisenheimen erreicht die Hilfe vor Ort besonders die sozial Schwachen. Hier sind die großzügigen Spenden von Firmen wie Babynahrung Hipp, Adelholzen und Dr. Oetker hervorzuheben, welche oft ganze Sattelzüge an Spendenware zur Verfügung stellen.
Ein besonderes Anliegen sind den Organisatoren von „Junge Leute helfen e. V.“ die wichtigen Nachhaltigkeitsprojekte wie „Bildungspatenschaften“, das Verteilen von Kühen und anderen Nutztieren sowie der Häuserbau für verarmte Familien, um eine fortschreitende Landflucht zu verhindern. Für den Sommer hofft man auf eine Jugendfahrt in Begleitung von Pfarrer Westermeier aus Kirchanschöring, welche aber aufgrund der Corona-Regeln noch fraglich ist.
Auch die Verladeaktionen mit Firmgruppen aus den Pfarreien sind derzeit ausgesetzt, so dass weiterhin einzelne Helfer eines „Rentnerteams“, die wöchentlich etwa 15 Tonnen Hilfsgüter verladen und auf den Weg bringen werden. Besonderer Dank gilt der Gemeinde Kienberg und ihrem Gemeinderat, denn ohne die Bereitstellung einer alten Salzhalle wäre dieses Hilfswerk logistisch nicht möglich. Ein herzlicher Dank gebührt allen fleißigen Helfern und Spendern.
Eine Familie in den armen Ländern zu unterstützen kostet nur einen Bruchteil von dem, was es in Deutschland kosten würde.
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